„Vielleicht können wir glücklich sein“ ist der dritte und
abschließende Band der Heimkehr-Trilogie der Autorin Alexa Hennig von Lange. Die
Bücher lassen sich unabhängig voneinander lesen, weil bestimmte Zusammenhänge
an entsprechenden Stellen erklärt werden. Auf der Ebene der historischen
Handlung ist inzwischen der September 1944 eingekehrt. Für die Protagonistin
Klara ist die vom Titel aufgeworfene Frage zu dieser Zeit damit verknüpft, ob
sie stark genug ist, ihre vier kleinen Kinder im Kriegsgeschehen allein zu
erziehen und ihnen alles angedeihen zu lassen, was sie benötigen, denn ihr
Ehemann Täve hat seinen Militärdienst zu versehen.
Auf der zweiten Handlungsebene im September 2000 hat
Isabell, Klaras Enkelin, den Brief ihres Großvaters Täve gefunden, in dem er
seiner Frau schildert, dass er deren Adoptivtochter Tolla bei einer
verstörenden Gelegenheit gesehen hat. Klara hatte ihre Tochter vor langen
Jahren mit einem Kinderzug nach England geschickt. In Isabell brennt der Wunsch
zu erfahren, ob Tolla den Krieg überlebt hat und vielleicht sogar noch lebt.
Sie selbst versucht sich im Spagat zwischen ihrer Mutterrolle, dem Führen des Haushalt
und der Fortsetzung ihrer schriftstellerischen Tätigkeit, bei der manche
Probleme im Verhältnis mit ihrem Partner aufkommen. Es ist gut davon zu lesen,
dass die Liebe und Zuneigung zum eigenen Kind, die Sorge um es und die
Übernahme der Verantwortung für seine Sicherheit über die Jahre hinweg
vergleichbar kraftvoll sind.
Die Ereignisse in der Vergangenheit beruhen auf wahren
Begebenheiten, die die Großmutter der Autorin erlebt und auf über einhundert
Kassetten gesprochen hat. Daher wirkt auch das im dritten Band geschilderte
Kriegsgeschehen überaus authentisch. Klara hat ihren Beruf aufgegeben und
kümmert sich ausschließlich um ihre Kinder, was sie täglich vor die Aufgabe
stellt, sie ausreichend zu ernähren, von ansteckenden Krankheiten fernzuhalten
und sie vor den zahlreichen Luftangriffen zu schützen. Ihr fünfjähriger Sohn,
der älteste der Geschwister, ist ihr dabei im Rahmen seiner Möglichkeiten
ernsthaft behilflich. Immer wieder steht sie vor neuen Herausforderungen.
Den letzte Band fand ich im Vergleich leider weniger
interessant als den zweiten Teil, was auch daran liegt, dass nun einige Teile
mehr zum besseren Verständnis wiederholt werden und die Handlung in der
Gegenwart stellenweise verharrte. Allerdings ist das als Kritik auf hohem
Niveau zu sehen, denn auch der dritte Band bietet die einzigartige Verbindung
zwischen unterhaltender Dichtung und berührender Realität. Auch diesmal setzt
sich Klara regelmäßig mit ihrem Gewissen auseinander, denn sie fürchtet sich, Widerstand
gegen parteipolitische Anweisungen zu leisten, weil sie weiß, welche
Konsequenzen sie und ihre Familie erleiden würden. Daher spielt sie nach außen
hin weiter die treusorgende Mutter und sehnsüchtig wartende Ehefrau, während in
ihrem Inneren die Wut gegen die Partei gärt und ihre Hilflosigkeit zunimmt,
sich wehren zu können. Es gibt nur wenige Personen, die ahnen, was in ihr
vorgeht zu denen Täve und ihre Freundin Susanne gehören.
In ihrem Roman „Vielleicht können wir glücklich sein“ lässt
Alexa Hennig von Lange noch einmal die realen Erlebnisse ihrer Großmutter in
fiktionalisierter Form lebendig werden. Es ist bewegend davon zu lesen, dass
die Protagonistin Klara, die damit beispielhaft für viele Mütter zur damaligen
Zeit steht, im letzten Kriegsjahr die alleinige Sorge um ihre Kinder trägt. Auf
einer zweiten Handlungsebene wird 56 Jahre später ihre Enkelin Isabell mit
andersgelagerten Problemen in ihrer Beziehung konfrontiert, in die die Autorin
ihre eigenen Erfahrungen einfließen lassen konnte. Gerne vergebe ich auch den
abschließenden Band der Heimkehr-Trilogie eine Leseempfehlung.