Im ihrem Roman „Ich komme nicht zurück“ erzählt Rasha Khayat
von gewählten Familienmitgliedern und einer tiefen Freundschaft zwischen den
Hauptfiguren Hanna, Cem und Zeyna. Der Titel des Buchs lässt von Beginn an
vermuten, dass die enge Verbindung der drei gestört wird.
Hanna lebt Ende der 1980er Jahre bei ihren Großeltern in
einer Zechensiedlung am Rand einer großen Stadt im Ruhrgebiet. Cems Eltern, die
in der Türkei geboren wurden, besitzen dort einen Lebensmittelhandel, weswegen
er gerne bei Hanna zu Gast ist. Als die gleichaltrige Zeyna mit ihrem Vater aus
dem Libanon in den Kohlenpott zieht, entwickelt sich eine wunderbare
Freundschaft. Nicht nur Hanna und Cem kümmern sich um die beiden Geflüchteten,
sondern auch Hannas Großeltern ummanteln sie mit ihrer Zuneigung, was vor allem
Zeyna zugutekommt, die ihre Mutter verloren hat.
Die Freundschaft erhält in der Zeit nach den Terroranschlägen
des Jahres 2001 Risse, weil Zeyna und Cem aufgrund ihres dunklen Teints Hass
und Wut zu spüren bekommen, oft von Personen die sie gar nicht kennen. Hanna
und ihre Großeltern haben immer mit Interesse die kulturellen Unterschiede ihrer
Freunde wahrgenommen und sich im großen Kreis als Gemeinschaft gefühlt. Doch
ihre Freundlichkeit kann die zunehmend aggressive Stimmung im Umfeld nicht
stoppen.
Nach dem Tod der Großeltern zieht Hanna, die jahrelang in
einer anderen Stadt gelebt hat, zurück in deren Wohnung in der inzwischen in die
Jahre gekommenen Siedlung. Während die Erinnerungen sie zu erdrücken scheinen,
versucht sie, die Freundschaft zu Cem und Zeyna wieder aufzunehmen. Von Beginn
an liegt über allem ein großes Fragezeichen, denn damals ist etwas geschehen,
dass einen Bruch zwischen Hanna und ihrer Freundin bewirkt hat. Deutlich
spürbar ist die Einsamkeit der Protagonistin, die nicht nur mit Verlusten
klarkommen muss, sondern auch mit den Einschränkungen der Pandemie.
Der Sprachstil von Rasha Khayat trifft ohne Ausschweifungen den
Kern der aufgeworfenen Probleme auf den Punkt und ist gerade dadurch tief
berührend. Hanna verhält sich in ihrer Traurigkeit nachvollziehbar. Die Autorin
kennt das Umfeld einer Arbeitersiedlung im Ruhrgebiet aus eigener Erfahrung.
Sie hat einige Jahre in Arabien gewohnt, auch weil ihr Vater von dort gebürtig
ist, und sicherlich die aufgeheizte Gemütslage ab den ersten Jahres des neuen
Jahrtausends selbst erlebt. Diese beiden Welten vereinen sich in ihrem Roman
und verleihen ihm eine starke Authentizität.
„Ich kehre nie zurück“ ist eine Geschichte über
Freundschaft, Wahlverwandtschaften, Trauer und Einsamkeit, bringt aber einen
eine gehörige Portion Hoffnung mit sich, dass sich einiges zum Guten wenden
lässt. Sehr gerne empfehle ich das Buch weiter.