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Mittwoch, 27. November 2024

Rezension: Der Drahtzieher von Sarah Pines

 


Rezension von Ingrid Eßer

Titel: Der Drahtzieher
Autorin: Sarah Pines
Erscheinungsdatum: 21.08.2024
rezensierte Buchausgabe: Hardcover mit Schutzumschlag
ISBN: 9783257072785
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Im Roman „Der Drahtzieher“ von Sarah Pines wird es Herbst im Jahr 1927 im Sauerland. Vor nicht allzu langer Zeit ist Theodor Hasselt, der das Drahtzieher-Unternehmen seines Vaters übernommen hat, aus Südafrika zurückgekehrt. Er ist mittleren Alters und lebt mit seiner Mutter in einer herrschaftlichen Villa in Iserlohn. Ein Auftrag hatte ihn in den Süden Afrikas geführt, wo er Alba kennenlernte. Sie ist eine Tochter aus der ersten Ehe seiner angeheirateten Tante, die dort mit ihrem Ehemann eine Farm bewirtschaftet. Schnell hatte es zwischen den beiden zu knistern begonnen. Er bittet sie, seine Frau zu werden, auch weil sie von ihm angeblich schwanger ist.

Bereits auf der zweiten Seite des Romans kommt Theodors Widersacher in Thema Liebe ins Spiel: der wenig ältere Albert, seines Zeichens Sohn eines Stahlfabrikanten. Bald nach der Ankunft von Alba hat er ein Auge auf sie geworfen, während Theodors erste Freundin Marthe sich auf die Hochzeit mit ihm freut. Albert ist Theodors bester Freund, denn sie erhielten eine ähnliche strenge Erziehung und teilen gleiche Maßstäbe. Sie stehen jedoch in finanzieller Hinsicht auch in ständiger Konkurrenz zueinander. Im Vergleich mit ihm schneidet Theodor immer etwas schlechter ab. Als Leserin konnte ich verstehen, dass der Drahtzieher darüber missmutig ist. Mit Alba an seiner Seite erhofft er sich mehr Anerkennung in gesellschaftlichen Kreisen. Im Sauerland wird aber zunehmend der diffuse Charakter seiner Geliebten offenbar.

Sarah Pines bleibt bei ihrer Geschichte nicht immer an der Seite von Theodor, sondern beschreibt auch die Gedankenwelt von Alba, manchmal auch von der gut betuchten Marthe. Albas Verhalten erklärt sich dem Lesenden, nicht aber der Titelfigur, aus ihrer Kindheit und Jugend. Der Drahtzieher liebt es, Anweisungen zu geben, sowohl im Unternehmen wie auch zu Hause, vor allem bei der Gestaltung von Mahlzeiten und Tischtafeln. Alba versucht einiges, um die nach außen getragene raue Schale von Theodor zu durchdringen. Sie möchte sich aus den ihr vermittelten Tugenden befreien und gesellschaftliche Konventionen durchbrechen. Zunehmend verlieren beide das angemessene Maß für einen liebevollen Umgang miteinander. Sowohl Alba wie auch Marthe sind Frauen, die ihre eigenen Ideen umsetzen, jedoch auf verschiedene Weise.

Die Handlung spielt Mitte der 1920er Jahre, aber trotz gängiger Mode, Kunst und Musik stellte sich bei mir als Leserin kein tieferes Eindruck der Zeit ein. Eventuell lag es an den überwiegend unabhängig agierenden Frauen im Umfeld von Theodor, was gutzuheißen ist. Die Autorin nutzt manchmal Ausdrücke mit Lokalkolorit. Neben Rückblicken auf Theodors Aufenthalt in Afrika greift die Autorin greift sie hin und wieder vor und lässt die Zukunft von Theodor, aber auch die des Sauerlands aufblitzen. Wenige Wochen nach Theodors Wiederkehr ist kaum noch Bewegung im Geschehen rund um das Kleeblatt der Liebenden. Die Stärke der Geschichte liegt mit Fokus auf den Charakteren und ihrer Gedanken- und Gefühlswelt.

„Der Drahtzieher“ von Sarah Pines zeigt die misslich verlaufende Beziehung eines Paars, dass es nicht schafft, über den eigenen Schatten zu springen. Über der gesamten Erzählung liegt der Hauch eines Augenzwinkerns.