Donnerstag, 13. Februar 2025

Rezension: Wenn wir lächeln von Mascha Unterlehberg

 


Rezension von Ingrid Eßer

Titel: Wenn wir lächeln
Autorin: Mascha Unterlehberg
Erscheinungsdatum: 11.02.2025
Verlag: Dumont (Link zur Buchseite des Verlags)
rezensierte Buchausgabe: Hardcover mit Schutzumschlag und Leseband
ISBN: 9783755800361
--------------------------------------------------------------

Jara und Anto sind sechszehn Jahre alt. Sie stehen auf einer Brücke, die über die Ruhr führt. Anto schleudert einen Baseballschläger ins Wasser, dann springt sie hinterher. Jara bleibt zurück und ist unschlüssig, was sie tun soll. Ausgehend von dieser Szene erzählt Mascha Unterlehberg in ihrem ersten Roman von der engen Freundschaft der beiden Teenager in den Nullerjahren.

Kennengelernt haben sich Jara und Anto beim Fußballspielen mit den Jungen. Wenig später sind sie unzertrennlich, doch ihre Lebenswelten sind unterschiedlich. Antos Mutter ist wohlhabend und selten zu Hause, während Jara in bescheideneren Verhältnissen aufwächst. Doch Geld spielt nie eine Rolle in ihrer Beziehung. Was sie haben möchten und nicht bezahlen wollen oder können, stehlen sie einfach. Sie tauschen Kleidung, rauchen, kiffen, trinken Alkohol und übernachten gemeinsam. Zusammen ziehen sie durch die Stadt und machen sie unsicher, manchmal im wahrsten Sinne des Wortes.

Jara erzählt die Geschichte aus ihrer Perspektive, wodurch ihre Gefühle greifbarer werden. Sie hat zahlreiche Fantasien, in denen sich ihre Ängste widerspiegeln. In bestimmten Situationen malen ihre Gedanken sich das Schlimmstmögliche aus. Das geschieht im Alltag, aber wenn männliche Personen in der Nähe sind, dann steigert sich ihr Imaginieren ins Beängstigende, basierend auf verstörenden Erfahrungen. Sie ist voller Wut, die Anto mit ihr teilt. Das, was sie gemeinsam beim Ausgehen erleben, schweißt die Freundinnen zusammen. Ihr Zusammenhalt und die gegenseitige Rückendeckung geben ihnen Sicherheit. Doch unterschwellig sind Neid und Geheimnisse vorhanden.

Was nur bloße Vorstellung ist und was Realität, bleibt beim Lesen an manchen Stellen ungewiss. Durch Mascha Unterlehbergs ungewöhnlichen Schreibstil wird dies unterstrichen. Sie verzichtet auf Anführungszeichen und beginnt ein Wort mit einem Großbuchstaben nach einem Umbruch, auch wenn die vorherige Zeile mit einem Komma der wörtlichen Rede endete. Doppelten Umbrüche markieren entweder die Fortsetzung der Szene oder eine gedankliche Rückkehr zu einem prägenden Punkt in ihrer Freundschaft wie beispielsweise zu jener beängstigenden Situation auf der Brücke.

„Wenn wir lächeln“ von Mascha Unterlehberg ist ein eindringlich geschriebener Roman in einem eigenwilligen Stil über eine Jugendfreundschaft in den Nullerjahren. Sie ist ein Rückhalt gegen Übergrifflichkeiten und unterstützt eine Suche danach, wie weit die eigenen Grenzen überschritten. Eine Geschichte, die bewegt und nachdenklich stimmt. 

Dienstag, 11. Februar 2025

Rezension: Nacht der Ruinen von Cay Rademacher

 


Rezension von Ingrid Eßer

Titel: Nacht der Ruinen
Autor: Cay Rademacher
Erscheinungsdatum: 11.02.2025
Verlag: Dumont (Link zur Buchseite des Verlags)
rezensierte Buchausgabe: Hardcover mit Schutzumschlag und Leseband
ISBN: 9783755800347
---------------------------------------------------------------

Der Prolog im Kriminalroman „Nacht der Ruinen“ von Cay Rademacher führte mich als Leserin in den Juli des Jahres 1938. Die beiden 17-jährigen jüdischen Freunde Joseph und Jakub treffen sich auf der Domterasse in Köln mit der gleichaltrigen Waise Hilde, die von beiden umschwärmt wird. Unvermeidlich bringt sie ihren jüngeren Bruder Paul mit. Die Anfeindungen gegen die jüdische Bevölkerung sind für die zwei Freunde bereits deutlich spürbar.

Am 2. März 1945 erlebt Köln einen letzten schweren Bombenangriff, der die Stadt großflächig in Trümmer legt. Die Geschichte beginnt mit einer ausführlichen Schilderung des Flugs einer in England gestarteten B-17. Dem amerikanischen Piloten Rohrer gelingt nach einem Treffer der Maschine durch die deutsche Flakabwehr der Ausstieg. Mit dem Fallschirm landet er mitten in einer Kölner Kirche und wird dort durch einen Kopfschuss getötet. Einige Stunden später erhält Joseph, der inzwischen als US-Soldat unter dem Namen Joe dient, den Auftrag, den Mordfall aufzuklären. Gleichzeitig hofft er darauf, seine Jugendfreunde Jakub und Hilda wiederzufinden. Doch das strikte Fraternisierungsverbots der US-Armee zwingt ihn, private Kontakte zu Zivilisten zu vermeiden.

Cay Rademacher gelingt es eindrucksvoll, die bedrückende Atmosphäre der Tage zwischen dem 2. Und 19. März 1945 einzufangen. Köln ist eine Trümmerlandschaft, viele sind obdachlos. Während hochrangige NS-Parteimitglieder längst auf die linke Rheinseite geflohen sind, von der aus die rechte immer noch verteidigt wird. Dank einer umfangreichen Recherche beschreibt der Autor Joes Wege durch die Stadt und die noch erhaltenen Gebäude mit großer Detailtreue, so dass das Geschehen gut vorstellbar ist.

Die Aufklärung des Mordes an dem Piloten Rohrer ist kleinteilig und bleibt durch einige geschickte Wendungen bis zum Ende spannend. Der Autor zeigt die Unsicherheit vieler Kölnerinnen und Kölner als Besiegte, die nicht wissen, wie sie sich gegenüber den Besatzern verhalten sollen. Dennoch gibt es genügend Bürgerinnen und Bürger, die einfach weitermachen und sich selbstbewusst behaupten. Das Taktieren derjenigen, die die Fäden ziehen, machen Joe seine Arbeit nicht leichter. Durch seine frühere Freundschaft mit Jakub fließt auch ein Teil der Geschichte der Kölner Juden in den Roman ein.

Neben fiktiven Figuren sind in den wenigen Tagen, in denen die Geschichte spielt, einige bekannte Persönlichkeiten in der Stadt am Rhein unterwegs, was historisch verbürgt ist. Im Nachwort erklärt der Autor, welche Teile des Romans auf wahren Begebenheiten beruhen und welche er fiktionalisiert hat. Zudem verweist er auf weiterführende Literatur für diejenigen, die sich intensiver mit den geschilderten Ereignissen auseinandersetzen möchten.

In seinem Kriminalroman „Nacht der Ruinen“ lässt Cay Rademacher eine in der Belletristik kaum beschriebene Episode der Historie lebendig werden. Er zeigt ein realistisches Bild der zerstörten Stadt und des Interagierens der US-Besatzer mit der Zivilbevölkerung. Die Ermittlungen rund um den Mord an einem alliierten Soldaten erweisen sich für den Protagonisten Joe als schwierig, doch sie führen ihn gleichzeitig auf die Spur seiner Jugendfreunde. Gerne vergebe ich eine Leseempfehlung für diese bewegende Geschichte.


Montag, 3. Februar 2025

Rezension: Klapper von Kurt Prödel

 


Rezension: Ingrid Eßer

Titel: Klapper
Autor: Kurt Prödel
Erscheinungsdatum: 30.01.2025
Verlag: park X Ullstein (Link zur Buchseite des Verlags)
rezensierte Buchausgabe: Hardcover mit Schutzumschlag und Leseband
ISBN: 9783988160249
-------------------------------------------------

In seinem Debütroman „Klapper“ nimmt Kurt Prödel den Lesenden mit in das Jahr 2011, als seine Titelfigur die neue Klassenkameradin Vivi-Marie kennenlernt, die sich „Bär“ nennen lässt. Jahre später, im Frühjahr 2025, sitzt Klapper, der mit bürgerlichem Namen Thomas heißt, vor seinem Rechner. Er möchte den Wert seiner virtuellen Waffen eines Computerspiels überprüfen, das er früher häufig gespielt hat. Dabei fällt ihm das Profilbild einer Mitspielerin auf. Es gehört zum Account von Bär unter dem der Vermerk steht, dass die Gamerin seit mehr als dreizehn Jahren offline ist. Für mich als Leserin stellte sich die Frage, welcher Umstand dazu geführt hat.

Klapper ist ein Außenseiter in seiner Klasse. Er ist ein Nerd, der die gesamten Schulferien in seinem Zimmer vor dem PC verbringt. Seinen Spitznamen verdankt er den deutlich hörbaren Klickgeräuschen seiner Gelenke, was ihn häufig zum Ziel von Spottversen macht. Das ändert sich, als Bär sich im Unterricht neben ihn setzt und sich bei einer Auseinandersetzung mit einem Mitschüler auf seine Seite schlägt.

Mit seinen Eltern wohnt Thomas in einem Neubaugebiet am Rande einer Kleinstadt im Westen Deutschlands. Vivi-Marie hingegen lebt in einer wohlhabenderen Gegend. In ihrem Zimmer unter dem Dach widmet sie sich genauso leidenschaftlich wie Thomas dem Gaming. Sie ist groß und kräftig. Im Vergleich zu Klapper ist sie kommunikationsfreudiger und integriert sich rasch in die Klassengemeinschaft. Sie bemüht sich, ihn aus seiner Zurückgezogenheit herauszuholen.

Die Erzählung wechselt zwischen zwei Zeitebenen, wobei die Gegenwart in nur wenigen Szenen beleuchtet wird. Sowohl Klapper als auch Bär sind gut konstruierte, interessante Hauptfiguren. Bei Vivi-Marie fehlte mir aber manchmal eine genauere Erklärung für ihre Ansichten, wodurch ich ihre Handlungen nicht immer nachvollziehen konnte.

Die Beschreibung des Geschehens erscheint aus dem Leben gegriffen. Fast jeder Lesende, der zu Beginn der 2010er Jahre aufgewachsen ist, kennt vermutlich jemanden wie Klapper. Ich konnte mich gut in ihn und sein Umfeld einfühlen. Am Ende der Geschichte überrascht der Roman mit einer unerwarteten Wendung.

In seinem Roman „Klapper“ erzählt Kurt Prödel von einer Freundschaft zweier Computerfreaks, die dabei sind, sich selbst zu finden. Vor allem der Schluss sorgt dafür, dass die Geschichte nachhallt. Gerne vergebe ich eine Leseempfehlung.

Donnerstag, 30. Januar 2025

Rezension: Halbe Leben von Susanne Gregor

 


Rezension von Ingrid Eßer

Titel: Halbe Leben
Autorin: Susanne Gregor
Erscheinungsdatum: 28.01.2025
Verlag: Zsolnay (Link zur Buchseite des Verlags)
rezensierte Buchausgabe: Hardcover mit Schutzumschlag
ISBN: 9783552075665
----------------------------------------------------------------------

Zwei Frauen befinden sich auf einer Wanderung. An einer steilen Böschung stürzt eine von ihnen ab und verstirbt im Krankenwagen. So beginnt der Roman „Halbe Leben“ von Susanne Gregor. Der Anfang lässt eine hintergründige Spannung aufkommen. Als Leserin fragte ich mich, ob ein Motiv für ein Verbrechen vorliegt, ob es ein Unfall war oder die Tote den Schritt in den Abgrund bewusst gesetzt hat.

Eine der beiden Frauen auf der Wanderung ist die in Österreich im Kremstal lebende Klara. Sie ist von Beruf Architektin, verheiratet und hat eine elfjährige Tochter. Ihre Mutter Irene bewohnt nach einem Schlaganfall eine Einliegerwohnung im ersten Stock ihres Hauses. Weil Klara mit der Betreuung überfordert ist, beschließt sie sich an eine Agentur zu wenden, die ihr die Pflegerin Paulina und den Pfleger Radek vermittelt. Im ständigen Wechsel von vierzehn Tagen kümmern die beiden sich fortan um Irene.

Paulina war ebenfalls bei dem Wanderausflug dabei. Sie ist gelernte Krankenschwester, geschieden und lebt mit ihren zwei Söhnen in Slowenien. Mit ihrer Arbeit im Nachbarland kann sie mehr verdienen als auf einer Krankenstation in der Heimat. Ihre Schwiegermutter kümmert sich um die Jungen, während sie ihrem Beruf nachgeht. Im Laufe der Zeit merkt sie, dass ihre „halben Leben“ gemeinsam kein ganzes mehr ergeben.

Die Pflege von Irene durch Paulina erscheint zunächst als eine gute Lösung für beide Frauen. Die Slowenin ist bei Klaras Familie beliebter als Radek, weil sie in größerem Maße auf Irenes Wünsche eingeht. Nachdem Klara durch die Unterstützung deutlich entlastet wird, kann sie sich beruflich wieder mehr engagieren. Gelegentlich bitten sie und ihr Mann die Pflegerin um eine zusätzliche Gefälligkeit und entgelten sie dafür gut.

Paulina kommt der Bitte ihrer Arbeitgeberin um eine weitere Hilfeleistung scheinbar willig entgegen. Es kostet sie aber wertvolle Zeit, die sie nicht mit ihren Kindern verbringen kann. Um ihr Problem zu kommunizieren, fehlen ihr die Worte. Klara hingegen besitzt nicht genügend Einfühlungsvermögen, sich in die Gefühlswelt der Pflegekraft einzudenken. Sie erahnt nicht den Bedarf der Söhne Paulinas an Zuwendung durch ihre Mutter, obwohl sie doch selbst eine Tochter hat.

Weder Klaras Mann, der über genügend Freiräume verfügt, noch Paulinas geschiedener Mann bieten der Slowenin Unterstützung dabei, ihrer Tätigkeit als Pflegerin nachzukommen. Sowohl Klara wie auch Paulina können auf ihre je eigene Weise nicht die Anerkennung finden, die sie gerne hätten. Ungesagte Worte und der innere Zwiespalt beider Frauen führen zu einer zunehmend gereizten Stimmung in deren Umfeld. Bis in die Nebenfiguren hinein sind die handelnden Personen gut ausgearbeitet.

Im Roman „Halbe Leben“ thematisiert Susanne Gregor die Care-Arbeit. Sie nimmt sich speziell der Situation von ausländischen Pflegekräften an, die jeweils für einen gewissen Zeitraum beim Betreuungsbedürftigen wohnen. Ihre Geschichte überzeugt durch eine realitätsnahe Darstellung, stimmt nachdenklich und bleibt im Gedächtnis. Sehr gerne vergebe ich für diese bewegende Erzählung eine klare Leseempfehlung.

Dienstag, 28. Januar 2025

Rezension: Baskerville Hall: Das geheimnisvolle Internat der besonderen Talente - Das Zeichen der Fünf von Ali Standish


Rezension von Ingrid Eßer

Titel: Baskerville Hall: Das geheimnisvolle Internat der besonderen Talente
Band 2: Das Zeichen der Fünf
Autorin: Ali Standish
Übersetzerinnen aus dem Englischen: Sandra Knuffinke und Jessika Komina
Erscheinungsdatum: 28.01.2025
Verlag: Hanser (Link zur Buchseite des Verlags)
rezensierte Buchausgabe: Hardcover
ISBN: 9783446279803
------------------------------------------------------------

Im Jugendbuch „Baskerville Halle – Das Zeichen der Fünf“ der US-Amerikanerin Ali Standish kehrt der schottische Protagonist Arthur Doyle nach den Weihnachtsferien zurück in das titelgebende Internat. Auf seiner Hinreise wird er beschattet, denn sein Lehrer und Vorbild Sherlock Holmes sorgt sich um seine Sicherheit. Anlass dazu gibt die Einmischung von Arthur in die Machenschaften des Grünen Ritters über die man im ersten Band der Reihe „Das geheimnisvolle Internat der besonderen Talente“ lesen konnte.

Durch ein belauschtes Gespräch erfährt Arthur, dass der legendäre „Club des Kleeblatts“ wieder aufleben soll, deren Mitglieder ihm nicht wohlgesinnt sind. Aufgrund bestimmter Anzeichen beginnt er, seinem Freund und Zimmergenossen Jimmy zu misstrauen. Die folgende Zeit wird daher schwierig für ihn, denn er überlegt einmal mehr, mit wem er seine scharfsinnigen Beobachtungen teilen kann, die er mit detektivischem Spürsinn anstellt. Im Laufe der Geschichte erkennt er, wie wichtig Freundschaften für ihn sind. Sein eigenes Verhalten hinterfragt er, woraufhin er sich vornimmt, seinen Gefährten mehr Verantwortung zuzutrauen.

Für die Erstklässler, zu denen Arthur gehört, steht der Ideenwettbewerb der Schule an. Innerhalb weniger Wochen soll jede und jeder ein einzigartiges Projekt fertigstellen, das die Chance bietet, frühzeitig in einen der fünf Schulzirkel aufgenommen zu werden. Doch bevor Arthur dazu kommt, einen eigenen Beitrag zu entwickeln, geschieht etwas Unvorstellbares: Sherlock Holmes fällt aufgrund einer Vergiftung ins Koma. Bei der Suche nach dem Täter erweisen er und seine Freunde sich als tatkräftige Ermittler. Jedoch bleibt Sherlock Holmes nicht das einzige Opfer.

Bereits nach wenigen Seiten fühlte ich mich wieder in der Geschichte angekommen. Der Einstieg fiel mir leicht, auch weil mir die Hauptfiguren und die Örtlichkeiten des Internats durch den ersten Teil bekannt waren. Ali Standish versteht es, von Anfang an Spannung aufzubauen. Dadurch, dass Arthur observiert wird, wurde mir als Leserin deutlich, dass die Bedrohung, der Arthur vor den Ferien ausgesetzt war, längst nicht überwunden ist.

Auf dem Protagonisten lastet ein gewisser Druck, denn durch ein herausragendes Projekt und der vorzeitigen Einladung in einen der Schulzirkel könnte er seine Familie stolz machen. Aber zunehmend fühlt er sich einsam, denn seine Freundinnen und Freunde sind mit ihren eigenen Konzepten beschäftigt. Währenddessen versucht er die Identität des Grünen Ritters aufzudecken und hat bald eine Vermutung. Um an wichtige Informationen zu gelangen, handelt er nicht immer nach den Regeln der Schule.

Ali Standish lässt ganz im Stil der klassischen Sherlock-Holmes- Romane von Arthur Doyle, die für ihre Geschichte gestaltete junge Figur des Autors mehrfach durch logisches Denken Schlussfolgerungen ziehen, die entscheidende Hinweise zur Aufklärung von Verbrechen beitragen. Wie im ersten Band der Reihe wird es teilweise magisch und mysteriös. Einige der Figuren beschäftigen sich fasziniert mit dem Thema Unsterblichkeit, von denen eine schließlich in einer faszinierend geschilderten Szene das Leben verliert. Am Ende des Buchs findet sich ein Abriss über die eher unbekannten Seiten des Schriftstellers Arthur Conan Doyle, ergänzt um Fotos aus seinem Leben.

„Das Zeichen der Fünf“ ist der zweite Band der „Baskerville Hall“-Reihe von Ali Standish, der mir noch besser gefallen hat als der erste Teil. Neben einer spannenden Detektivgeschichte steht die Freundschaft des Protagonisten und seiner Gefährten im Vordergrund. Als Leserin war ich beeindruckt von den vorgestellten technischen Errungenschaften, die bereits im Jahr 1869 möglich waren. Sehr gerne vergebe ich eine Leseempfehlung und freue mich auf die Fortsetzung, die im Frühjahr 2026 erscheinen soll. Vom Verlag wird das Buch für ein Lesealter ab 10 Jahren empfohlen. 

Freitag, 17. Januar 2025

Rezension: Die Familienangelegenheiten der Johanne Johansen


Rezension von Ingrid Eßer

Titel: Die Familienangelegenheiten der Johanne Johansen
Autorin: Dora Heldt
Erscheinungsdatum: 17.10.2024
Verlag: dtv (Link zur Buchseite des Verlags)
rezensierte Buchausgabe: Hardcover mit Schutzumschlag und Leseband
ISBN: 9783423445078
---------------------------------------------------------------------  

Der Titel des Romans von Dora Heldt „Die Familienangelegenheiten der Johanne Johannsen“ ist genauso eigenwillig wie seine Titelfigur. Johanne ist 65 Jahre alt und gerade in den Ruhestand getreten. Bisher war sie in ihrem Job diszipliniert und pflichtbewusst. Ihre beruflichen Kenntnisse boten dem Chef und den Kollegen Sicherheit. Fragen beantwortet sie kurz und präzise und in hektischen Situationen bleibt sie ruhig. Mit 17 Jahren hat sie ihre Eltern verloren und lebt seither im Haus der Großeltern.

Ihre Cousine Luise ist zehn Jahre jünger. Sie hat einen Blick für alles Schöne und kümmert sich hauptsächlich darum, dass sie selbst gut aussieht und das Eigenheim der Familie stets repräsentativ ist. Der Großvater von Johanne und Luise hat eine Elbreederei gegründet, in der die Mitarbeit der beiden nicht gern gesehen wurden. Allerdings wurden beiden Beteiligungen am Unternehmen zugesprochen. Luises Mann ist derzeit Geschäftsführer. Doch als die Reederei kurz vor der Zahlungsunfähigkeit steht, müssen die beiden neue Wege gehen.

Dora Heldt kreiert in ihrer Geschichte mit Johanne und Luise zwei sehr unterschiedliche liebenswerte Charaktere. Anfangs schätzen sie es nicht, einander zu begegnen, aber sie behandeln einander mit Respekt. Durch die Gegebenheiten können sie es nicht umgehen, miteinander zu handeln. Dabei lernen sie sich besser kennen und ihre Marotten zu akzeptieren. Ich mag es, dass sie sich der Situation anpassen, ohne ihre Eigenarten abzulegen. Ihr Selbstbewusstsein wächst zunehmend mit den von ihnen übernommenen und erledigten Aufgaben. Das gleiche gilt für Luises Tochter Emma und Frida, der Enkeltochter von Johannes Mitbewohnerin, die beide studieren. In der Krise ist ihre Hilfe willkommen.

Die Geschichte ist authentisch, mit schicksalhaften Höhen und Tiefen. Die Themen sind vielfältig und reichen vom Seitensprung über Mitarbeiterzufriedenheit bis hin zu Familienzusammenhalt. Einige Konflikte spitzen sich zu, wodurch eine gewisse Spannung entsteht. Glückliche Umstände wechseln sich mit neuen Desastern ab. Nachdenklich stimmende Szenen stehen amüsanten Situationen gegenüber. Auch Liebe ist mit eingebunden sowie familiäre Geheimnisse. Auf diese Weise ist Dora Heldt ein abwechslungsreich gestalteter Roman gelungen, der für unterhaltsame Lesestunden sorgt. Gerne vergebe ich eine Leseempfehlung.

Mittwoch, 15. Januar 2025

Rezension: Malen nach Zahlen für Erwachsene - 100 Szenen zum Ausmalen für Disney- und Pixar-Fans

 


Titel: Malen nach Zahlen für Erwachsene 
(empfohlen ab 12 Jahren)
100 Szenen zum Ausmalen für Disney- und Pixar-Fans
Illustrator: Jérémy Mariez
Übersetzerin: Rina Gregor
Erscheinungsdatum: 15.01.2025
Verlag: Ravensburger (Link zur Buchseite des Verlags)
rezensierte Buchausgabe: Softcover
ISBN: 9783473498321
----------------------------------------------------------------------------

„Malen nach Zahlen – Classic“ aus dem Verlag Ravensburger enthält einhundert Szenen zum Ausmalen, die der Illustrator Jérémy Mariez erstellt hat. Durch den richtigen Einsatz der Farben entstehen Bilder mit Figuren, die man aus Disneys Filmen und Büchern kennt. Am unteren Rand jeder Seite sind die benötigten Farbtöne aufgeführt. Vor dem Ausmalen sollte man sie sich bereitlegen. Dadurch wird es möglich, die vorhandenen Stiften der Farbpalette passend zuzuordnen. Es werden teilweise über zwanzig verschiedene Farben benötigt. Den Farbtönen ist jeweils eine Zahl oder ein Buchstabe zugeordnet, die anweisen, welche Felder ausgemalt werden sollen.

Zu Beginn ist nur ein Gewirr von Linien zu erkennen, aber bald schon schälen sich durch das Ausmalen von Feldern erste Konturen der Figuren heraus. Man muss genau hinschauen, denn vielfach liegen mehrere Areale mit dem gleichen Code nebeneinander. Es gibt auch Zonen, die weiß bleiben. Um es dem Ausmalenden nicht zu leicht zu machen, sind auch diese Felder mit Linien unterteilt, was später beim Betrachten des fertigen Bilds leicht störend wirkt. Ich habe bei einigen Bildern Buntstifte benutzt. Die Linien werden leider nicht ganz abgedeckt. Auch beim Ausmalen mit Filzstiften ließen sich weiterhin die Unterteilungen erkennen. Das Ergebnis ist nur bedingt vergleichbar mit den Bildern in satten Farben, wie die Lösungen am Ende des Buchs sie zeigen. Vielleicht gibt es andere Stifte, die nützlicher sind. Beim Malen mit den Filzern hat sich die Farbe nicht durchgedrückt, sodass ich sowohl Vorder- wie auch Rückseite nutzen konnte.

Das Buch bietet jede Menge Möglichkeiten zum Entspannen. Durch die Konzentration auf die Sache beruhigt das Malen. Bei der richtigen Anwendung der Farben entstehen kleine Kunstwerke mit etlichen bekannten Disneyfiguren wie beispielsweise Tiana, Merida und Arielle, die man seit seiner Kindheit kennt. Neben Protagonistinnen und Protagonisten formen sich auch Nebencharaktere aus den Linien beim Ausmalen. Es ist schön zu sehen, wie sich nach und nach ein Bild ergibt. Ich empfehle gerne dieses Buch, das vom Verlag ab 12 Jahren empfohlen wird. Es ist als Geschenk gut geeignet. Am besten schenkt man es gemeinsam mit einer Kollektion Stifte, die mindestens 24 verschiedene Farben umfassen sollte.

Donnerstag, 9. Januar 2025

Rezension: Wackelkontakt von Wolf Haas

 


Rezension von Ingrid Eßer

Titel: Wackelkontakt
Autor: Wolf Haas
Erscheinungstermin: 09.01.2025
rezensierte Buchausgabe: Hardcover mit Schutzumschlag und Leseband
ISBN: 9783446282728

---------------------------------------------------------------------------------------

Der Trauerredner Franz Escher wartet in seiner Wiener Wohnung auf den Elektriker, denn eine Steckdose in der Küche hat einen Wackelkontakt. In der Jetztzeit greift er zu seinem bereits begonnenen Buch, um das Warten mit Lesen zu überbrücken. Seit längerer Zeit nimmt er nur noch Geschichten zur Hand, in denen das organisierte Verbrechen agiert. Im aktuellen Roman sitzt der 22-jährige Protagonist Elio Russo im Jahr 2002 in Südkalabrien in einer Hochsicherheitszelle. Er wird bald ein neues Leben in einem Zeugenschutzprogramm beginnen. Es wird ihn über die Schweiz nach Duisburg und zu weiteren Städten führen. Von seinem Zellengenossen hat er ein Buch geschenkt bekommen, mit dem er sich die Zeit vertreibt. Es handelt von einer Person, die Escher heißt und auf den Elektriker wartet.

Wolf Haas hat mit „Wackelkontakt“ einen Roman geschrieben, der dem Titel alle Ehre macht. Die Geschichte bewegt sich auf zwei Erzählebenen ohne sichtbare Abgrenzungen hin und her. Sobald eine der Figuren zum Buch greift, wechselt das Szenario. Die Übergänge sind fließend, jedoch mit Cliffhangern. Mitunter erfolgen sie unerwartet und rasch. Die Benennung des Protagonisten Escher erfolgte mit Bezug auf den gleichnamigen niederländischen Künstler, der in seinen Bildern mit Perspektiven spielt. Bekannt wurde er beispielsweise für die Darstellung einer endlosen Treppe. Ähnlich kann sich der Lesende die Fiktion des Autors vorstellen.

Von Beginn an wird eine hintergründige Spannung in beiden Handlungssträngen aufgebaut. Einerseits durch ein Fehlverhalten, andererseits durch Familiengeheimnisse. Als Leserin hat mich die Erzählung fasziniert, sodass es mir schwerfiel, das Buch aus der Hand zu legen. Es untergliedert sich in die beiden Teile „Off“ und „On“. Der zweite Part beginnt, als eine Heimlichkeit aufgedeckt wird. Der Autor bedient sich einiger amüsanter Sprachspielereien. Escher ist einfühlsam, lebt aber recht zurückgezogen. Überlegungen beider Protagonisten zu ihrem früheren oder aktuellen Verhalten zu Familienangehörigen und ArbeitskollegInnen stimmen nachdenklich. Schuldgefühle wollen bewältigt werden. Es wirft sich die Frage auf, ob Fehlverhalten wieder gutzumachen ist.

In seinem Roman „Wackelkontakt“ spielt Wolf Haas mit erzählerischen Perspektiven und schafft dadurch ein einmaliges Werk. Er verwebt das Geschehen rund um zwei interessant gestalteten Protagonisten durch die Sollbruchstelle des Lesens. Einige unerwartete Wendungen sorgen für einen Lesesog, der zu einem Ende führt, das Fragen klärt und für einen überraschenden Abschluss sorgt. Sehr gerne vergebe ich eine Leseempfehlung.

-->