Donnerstag, 9. Januar 2025

Rezension: Wackelkontakt von Wolf Haas

 


Rezension von Ingrid Eßer

Titel: Wackelkontakt
Autor: Wolf Haas
Erscheinungstermin: 09.01.2025
rezensierte Buchausgabe: Hardcover mit Schutzumschlag und Leseband
ISBN: 9783446282728

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Der Trauerredner Franz Escher wartet in seiner Wiener Wohnung auf den Elektriker, denn eine Steckdose in der Küche hat einen Wackelkontakt. In der Jetztzeit greift er zu seinem bereits begonnenen Buch, um das Warten mit Lesen zu überbrücken. Seit längerer Zeit nimmt er nur noch Geschichten zur Hand, in denen das organisierte Verbrechen agiert. Im aktuellen Roman sitzt der 22-jährige Protagonist Elio Russo im Jahr 2002 in Südkalabrien in einer Hochsicherheitszelle. Er wird bald ein neues Leben in einem Zeugenschutzprogramm beginnen. Es wird ihn über die Schweiz nach Duisburg und zu weiteren Städten führen. Von seinem Zellengenossen hat er ein Buch geschenkt bekommen, mit dem er sich die Zeit vertreibt. Es handelt von einer Person, die Escher heißt und auf den Elektriker wartet.

Wolf Haas hat mit „Wackelkontakt“ einen Roman geschrieben, der dem Titel alle Ehre macht. Die Geschichte bewegt sich auf zwei Erzählebenen ohne sichtbare Abgrenzungen hin und her. Sobald eine der Figuren zum Buch greift, wechselt das Szenario. Die Übergänge sind fließend, jedoch mit Cliffhangern. Mitunter erfolgen sie unerwartet und rasch. Die Benennung des Protagonisten Escher erfolgte mit Bezug auf den gleichnamigen niederländischen Künstler, der in seinen Bildern mit Perspektiven spielt. Bekannt wurde er beispielsweise für die Darstellung einer endlosen Treppe. Ähnlich kann sich der Lesende die Fiktion des Autors vorstellen.

Von Beginn an wird eine hintergründige Spannung in beiden Handlungssträngen aufgebaut. Einerseits durch ein Fehlverhalten, andererseits durch Familiengeheimnisse. Als Leserin hat mich die Erzählung fasziniert, sodass es mir schwerfiel, das Buch aus der Hand zu legen. Es untergliedert sich in die beiden Teile „Off“ und „On“. Der zweite Part beginnt, als eine Heimlichkeit aufgedeckt wird. Der Autor bedient sich einiger amüsanter Sprachspielereien. Escher ist einfühlsam, lebt aber recht zurückgezogen. Überlegungen beider Protagonisten zu ihrem früheren oder aktuellen Verhalten zu Familienangehörigen und ArbeitskollegInnen stimmen nachdenklich. Schuldgefühle wollen bewältigt werden. Es wirft sich die Frage auf, ob Fehlverhalten wieder gutzumachen ist.

In seinem Roman „Wackelkontakt“ spielt Wolf Haas mit erzählerischen Perspektiven und schafft dadurch ein einmaliges Werk. Er verwebt das Geschehen rund um zwei interessant gestalteten Protagonisten durch die Sollbruchstelle des Lesens. Einige unerwartete Wendungen sorgen für einen Lesesog, der zu einem Ende führt, das Fragen klärt und für einen überraschenden Abschluss sorgt. Sehr gerne vergebe ich eine Leseempfehlung.


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