Jara und Anto sind sechszehn Jahre alt. Sie stehen auf einer
Brücke, die über die Ruhr führt. Anto schleudert einen Baseballschläger ins
Wasser, dann springt sie hinterher. Jara bleibt zurück und ist unschlüssig, was
sie tun soll. Ausgehend von dieser Szene erzählt Mascha Unterlehberg in ihrem
ersten Roman von der engen Freundschaft der beiden Teenager in den Nullerjahren.
Kennengelernt haben sich Jara und Anto beim Fußballspielen
mit den Jungen. Wenig später sind sie unzertrennlich, doch ihre Lebenswelten
sind unterschiedlich. Antos Mutter ist wohlhabend und selten zu Hause, während
Jara in bescheideneren Verhältnissen aufwächst. Doch Geld spielt nie eine Rolle
in ihrer Beziehung. Was sie haben möchten und nicht bezahlen wollen oder
können, stehlen sie einfach. Sie tauschen Kleidung, rauchen, kiffen, trinken
Alkohol und übernachten gemeinsam. Zusammen ziehen sie durch die Stadt und
machen sie unsicher, manchmal im wahrsten Sinne des Wortes.
Jara erzählt die Geschichte aus ihrer Perspektive, wodurch
ihre Gefühle greifbarer werden. Sie hat zahlreiche Fantasien, in denen sich ihre
Ängste widerspiegeln. In bestimmten Situationen malen ihre Gedanken sich das
Schlimmstmögliche aus. Das geschieht im Alltag, aber wenn männliche Personen in
der Nähe sind, dann steigert sich ihr Imaginieren ins Beängstigende, basierend
auf verstörenden Erfahrungen. Sie ist voller Wut, die Anto mit ihr teilt. Das,
was sie gemeinsam beim Ausgehen erleben, schweißt die Freundinnen zusammen. Ihr
Zusammenhalt und die gegenseitige Rückendeckung geben ihnen Sicherheit. Doch
unterschwellig sind Neid und Geheimnisse vorhanden.
Was nur bloße Vorstellung ist und was Realität, bleibt beim
Lesen an manchen Stellen ungewiss. Durch Mascha Unterlehbergs ungewöhnlichen
Schreibstil wird dies unterstrichen. Sie verzichtet auf Anführungszeichen und
beginnt ein Wort mit einem Großbuchstaben nach einem Umbruch, auch wenn die
vorherige Zeile mit einem Komma der wörtlichen Rede endete. Doppelten Umbrüche
markieren entweder die Fortsetzung der Szene oder eine gedankliche Rückkehr zu
einem prägenden Punkt in ihrer Freundschaft wie beispielsweise zu jener beängstigenden
Situation auf der Brücke.
„Wenn wir lächeln“ von Mascha Unterlehberg ist ein
eindringlich geschriebener Roman in einem eigenwilligen Stil über eine
Jugendfreundschaft in den Nullerjahren. Sie ist ein Rückhalt gegen
Übergrifflichkeiten und unterstützt eine Suche danach, wie weit die eigenen
Grenzen überschritten. Eine Geschichte, die bewegt und nachdenklich stimmt.