Zu Beginn des Romans „Der Einfluss der Fasane“ von Antje
Rávik Strubel erfährt die etwa 50-jährige Protagonistin Hella Karl aus der
Tageszeitung vom Tod des ihr bekannten deutschen Intendanten Hochwerth. Er hat
seinem Leben ein Ende gesetzt. Seine Frau hat ihn nach ihrem Auftritt als
Opernsängerin an der Sydney Opera in ihrer Garderobe tot aufgefunden.
Hella ist überrascht, dass sie als langjährige Leiterin des
Feuilletons einer Zeitung darüber nicht informiert wurde. Sie fährt in die
Redaktion, um selbst einen Nachruf zu verfassen. Die Anzeichen mehren sich,
dass einige in ihrem Umfeld der Ansicht sind, sie hätte mit einem ihrer Artikel
dazu beigetragen, dass der Intendant gekündigt habe und als weitere Konsequenz
aus dem Leben geschieden sei.
Antje Rávik Strubel beschäftigt sich in ihrem Roman damit,
was Massenmedien bewegen können und wirft dabei eine Menge Fragen. Wie wirken
sich Medienberichte auf die öffentliche Wahrnehmung aus? Wem kann ich
persönlich gewonnene Informationen anvertrauen, ohne dass diese ungefragt weitergegeben
werden? Gleichzeitig regt die Geschichte dazu an, über die Zuverlässigkeit von erhaltenen
Informationen und die Dynamik von Fake News nachzudenken, die sich oft
unkontrolliert verbreiten.
Bei Hella ist es das Wissen um das Spiel mit der Macht des
Intendanten, dass sie dazu veranlasst hat, ihn zu beschuldigen. Sie fühlte sich
verpflichtet, über die Missstände öffentlich zu schreiben. Obwohl sie stets um
Objektivität bemüht ist, kommt sie über eigene, in der Vergangenheit geäußerte
Meinungen ins Grübeln.
Es sind vor allem die sensationellen Meldungen, die hohe
Aufmerksamkeit erhalten und sich schnell verbreiten. Uns allen muss bewusst
sein, dass es Entscheidungen gibt, die nicht immer umkehrbar sind. Was sollte die
Öffentlichkeit über eine Person erfahren und was sollte demgegenüber nicht
öffentlich verhandelt werden?
Die Autorin kreiert für ihre Protagonistin eine interessante
Partnerbeziehung, die Hella bisher auf gewisse Weise Halt gegeben hat. Doch
Hella ist unermüdlich in ihre Arbeit vertieft, dass sie die schleichenden
Veränderungen in ihrem persönlichen Umfeld kaum wahrnimmt. Das Ende der
Geschichte bietet eine unerwartete Wendung, die zeigt, wie tief man sich in
jemandem täuschen kann, dem man sein Vertrauen geschenkt hat.
„Der Einfluss der Romane“ von Antje Rávik Strubel ist ein
tiefgründiger Roman, der der eindrucksvoll veranschaulicht, wie Medien das
Ansehen einer Person in der Öffentlichkeit beeinflussen können. Die manchmal
ins satirische gehende Darstellung lockert das schwerwiegende Thema
stellenweise auf. Die Geschichte bietet Denkanstöße und hinterlässt einen
bleibenden Eindruck. Gerne empfehle ich sie weiter.