Rezension von Ingrid Eßer
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In ihrem Roman „The Glass Girl“ erzählt die US-Amerikanerin
Kathleen Glasgow die berührende Geschichte der 15-jährigen Bella. Ihre Eltern
haben sich vor einiger Zeit getrennt. Damit ihre Mutter einem Job im HomeOffice
nachgehen kann, unterstützt sie sie im Haushalt und kümmert sich um ihre
siebenjährige Schwester Ricci. Ihr Vater hat eine Freundin und sie weiß noch
nicht recht, wie sie damit umgehen soll. Kürzlich hat sich ihr erster Freund
von ihr getrennt, weil sie ihm nach seiner Aussage „zu viel sei“. Am meisten
trifft sie jedoch der Tod ihrer Großmutter, die in ihren Armen gestorben ist.
Ihr Haus, dass nur wenige Meter von dem ihrer Mutter entfernt ist, wird für sie
zum Zufluchtsort. Hier findet sie nicht nur Abstand vom Stress, sondern bedient
sich bei Bedarf an den alkoholischen Vorräte ihrer Oma.
Mit großer Feinfühligkeit beschreibt die Autorin detailliert
den Weg von Bella, um ihre Sucht zu überwinden. In ihre Geschichte sind spürbar
eigene Erfahrungen eingeflossen. Am Beginn des Romans ist die Protagonistin
bereits so weit, dass sie sich nach einem Schluck Alkohol sehnt, der sie im
Umgang mit Freundinnen und Familie locker sein lässt. Obwohl ihr der Gedanke
nicht fremd ist, dass sie bei regelmäßigem Konsum zur Alkoholikerin werden
kann, beruhigt sie sich damit, dass das nicht passieren wird, weil doch viele
in ihrem Umfeld zu Bier, Wein und anderen Getränken mit noch höherem
Alkoholgehalt greifen. Außerdem denkt sie, dass ihr fester Wille ihr helfen
wird, jederzeit aufhören zu können.
Die Ereignisse spitzen sich zu, denn Kathleen Glasgow scheut
sich nicht, die hässlichen Seiten des Rausches schonungslos zu beschreiben. Es
ist nicht nur erschütternd, darüber zu lesen, wie Bella der Sucht verfällt,
sondern auch bewegend, wie sie versucht, mit professioneller Hilfe daraus
herauszufinden. Dabei lernt sie Jugendliche kennen, die wie sie süchtig nach
Alkohol sind oder nach Drogen, nach Ritzen oder einer Kombination daraus. Sie
teilen ihre Erfahrungen darüber, wie trickreich sie waren, um ihrer Sucht nachzukommen,
ohne entdeckt zu werden. Der Weg zur Heilung ist lang und erfordert Selbstdisziplin.
Der Roman „The Glass Girl“ ist anschaulich und eindrucksvoll beschrieben. Auch wenn die Autorin Kathleen Glasgow einige Konsequenzen der Sucht aufzeigt, die an die Belastungsschwelle des Lesenden gehen, so bleibt die Geschichte dennoch vorstellbar und authentisch. Ich empfehle das Buch an Jugendlichen ab 14 Jahren, damit sie ein Bewusstsein für die Gefahren von Alkoholmissbrauch entwickeln. Aber auch Erwachsene sollten den Roman lesen, um zu verstehen, welche Auswirkungen es haben kann, wenn sie jungen Menschen Alkohol anbieten. Beide Altersgruppe erhalten Ratschläge im Umgang mit Süchtigen und Abstinenzlern. Unbedingt lesen!