Rezension von Ingrid Eßer
Titel: Hier draußen
Autorin: Martina Behm
Erscheinungsdatum: 13.03.2025
Verlag: dtv (Link zur Buchseite des Verlags)
rezensierte Buchausgabe: Hardcover mit Schutzumschlag und Leseband
ISBN: 9783423284783
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Der Debütroman von Martina Behm trägt den Titel „Hier
draußen“. Man könnte ihn mit „… im Dorf“ ergänzen, denn die Haupthandlung der
Geschichte spielt in dem etwa zweihundert Seelen umfassenden, fiktiven holsteinischen
Ort „Fehrdorf“. Ein alter Mythos um die auf dem Cover abgebildete weiße
Hirschkuh bildet den erzählerischen Rahmen für die Ereignisse im Buch, die
innerhalb eines Jahres geschehen.
Ingo und Lara sind vor drei Jahren mit ihren beiden Kindern
von Hamburg nach Fehrdorf gezogen. Sie haben dort einen Resthof gekauft, um
mehr Wohnraum zu erhalten und naturnäher zu leben. Lara arbeitet im Homeoffice,
aber Ingo pendelt täglich in die Stadt. Auf einer späten Heimatfahrt läuft ihm
eine weiße Hirschkuh vors Auto. Als er den Unfall meldet, wird ihm der dafür
zuständige Jäger geschickt, der ihm erzählt, dass das Töten eines ebensolchen
Exemplars dazu führt, dass die- oder derjenige innerhalb eines Jahres selbst
verstirbt. Gemeinsam führen sie den Schuss aus. Durch die gesamte Geschichte
hinweg, wird der Mythos immer wieder thematisiert, insbesondere, weil Lara
daran interessiert ist, wodurch die Legende begründet wurde.
Martina Behm beschreibt das Dorfleben auf eine realistische
Weise. Einerseits suchen hier Städter nach einem Leben mit weniger Stress,
besserer Luft und engerem Kontakt zu den Bewohnern. Andererseits schildert die
Autorin das Bedürfnis der Alteingesessenen, die sich beruflich aus der
Landwirtschaft lösen, Brauchtümer hinter sich lassen und neue Wege gehen
möchten, was sich oft als schwierig erweist.
Die Autorin stellt eine größere Anzahl Figuren vor, die sich
zu zweit, zu dritt oder mit noch mehr Personen gruppieren. Eine Ausnahme bildet
der alleinstehende Jäger Uwe, der in den 1960er Jahren geboren wurde und den
Hof seiner verstorbenen Eltern weiterführt. In seinem Alter sind auch der Hähnchenmäster
Söhnke und seine Frau Maggie, deren Tochter zwar studiert, sich auf dem Hof als
Landwirtin aber wohler fühlt. Der Schweinezüchter Enno hält unbeirrt an alten
Gewohnheiten fest und übersieht geflissentlich, dass seine Frau Tove schon seit
langem seine Vorstellung der nächsten und weiteren Zukunft nicht teilt. Aus
einer einst größeren Wohngemeinschaft sind nur noch Armin und Jutta im Ort
geblieben, die ein respektvolles und wertschätzendes Miteinander gefunden haben.
Wie Ingo und Lara wohnen auch die seit langem im Dorf verwurzelten Caro und
Krischi, der sich an einem Online-Handel verssucht.
Während Martina Behm eine ländliche Idylle mit grünen Wiesen
und Wälder ausmalt, verschweigt sie nicht die weniger romantischen Aspekte wie
zum Beispiel der Geruch nach dem Ausfahren von Gülle, Traktorenlärm in den
frühen Morgen- und späten Abendstunden sowie die allgegenwärtigen Fliegen und
Mäuse. Der Autorin gelingt es, durch den ständigen Perspektivenwechsel zu den
verschiedenen Personen, interessante Ansichten zum Leben auf dem Land in ihrer
Geschichte aufzunehmen und authentisch darzustellen.
Der Roman „Hier draußen“ von Martina Behm spiegelt das Leben auf dem Land in seinen Facetten wider. Bewusst spielt sie mit Klischees, ohne ins Banale abzudriften. Sie schaut auf die Gefühle ihrer Figuren im dörflichen Zusammenleben. Einige kurze Rückblicke in die Vergangenheit einzelner Charaktere sorgen für ein tieferes Verständnis der Hintergründe für ihr gegenwärtiges Handeln. Mir hat die Geschichte sehr gut gefallen und daher lege ich sie gerne jeder und jedem ans Herz.