Rezension von Ingrid Eßer
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In ihrem Buch „Wie wir schön wurden“ setzt sich Rabea
Weihser mit der Geschichte der Schönheit auseinander und fokussiert sich dabei
entsprechend des Titelzusatzes auf unser Antlitz. „Eine Biografie des Gesichts“
nennt sie ihr Buch, denn sie versucht die Veränderungen über die Jahrhunderte
hinweg nachzuvollziehen. Den Sozialen Netzwerken und Videokonferenzprogrammen
ist in den letzten Jahren immer mehr Bedeutung zugekommen. Bei Nutzung digitalen
Medien erhält unser Gesicht besondere Aufmerksamkeit, denn häufig ist es der
einzige sichtbare Teil unseres Körpers.
Die Autorin ergründet, welche Schönheitsvorstellungen uns leiten,
wenn wir uns für andere zurechtmachen. Während einige Natürlichkeit in den
Vordergrund stellen, greifen andere nach Hilfsmitteln, durch die sie sich auf
künstliche Art ihrem Ideal anpassen. Entsprechend widmet sich das erste Kapitel
den „Masken“ und verwendet als zentrales Beispiel den „Glass Skin“, einen
hyperreflektierenden Look der Starvisagistin Pat McGrath, der im Jahr 2024
boomte und Gesichter makellos und porzellanartig aussehen lässt.
Ein weiterer Abschnitt schaut auf unser Profil, bei der die Nase
wesentlich zur Form der Seitenansicht beiträgt, gefolgt von detaillierten
Betrachtungen zu Augen, Brauen und Lippen werden. Die letzten drei Kapitel
schauen auf die Makel unseres Gesichts, das Alter und den Idealen an denen wir
unsere Maßstäbe ausrichten.
Ein 26-seitiges Quellenverzeichnis und eine fünfseitige
Auflistung der verwendeten Literatur bezeugen die umfassende Recherche der
Autorin. Sie verwendet durchgehend einen Trendjargon, in dem sie fundiertes
Wissen vermittelt. Als Leserin brachte sie mich auf den neuesten Stand aller Schönheitsströmungen,
über die Jahrzehnte hinweg. Ergänzend zum Buch bietet ihre Webseite neun
Bilderdossiers zu den Kapiteln, die das Geschriebene veranschaulichen.
Als erfahrene Journalistin versteht Rabea Weihser es, mit
jedem Thema spannende Aspekte zu verknüpfen. Elemente aus der Soziologie,
Anthropologie und Psychologie finden Eingang in ihre Betrachtungen genauso wie Faktoren
aus der Kunstgeschichte. Schönheit ist sowohl von biologischen Mustern als auch
kulturellen Moden abhängig und steht unter dem Einfluss von politischen
Ansichten, ökonomischen Absichten und technischen Entwicklungen.
Die Autorin lockert ihre Erkenntnisse durch amüsante Einwürfe auf, so dass das Buch „Wie wir so schön wurden“ nicht nur ein faktenreiches Lesevergnügen ist. Besonders begeistert hat mich Rabea Weihser mit ihrer Fähigkeit, überraschende Querverbindungen zu ziehen, die manchmal unvermutet sind. Gerne vergebe ich eine Empfehlung an alle, die mehr über die Schönheit des menschlichen Gesichts erfahren möchten.