Sonntag, 6. April 2025

Rezension: Bis die Sonne scheint von Christian Schünemann

 


Rezension von Ingrid Eßer

Titel: Bis die Sonne scheint
Autor: Christian Schünemann
Erscheinungsdatum: 26.02.2025
rezensierte Buchausgabe: Hardcover mit Schutzumschlag
ISBN: 9783257615593
bestellbar zum Beispiel hier: https://www.viehausen.de/home

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Trotz knapper finanzieller Mittel macht sich Familie Hormann in den 1980er Jahren auf den Weg in den Süden und fährt so lange „Bis die Sonne scheint“. Der gleichnamige autobiografische Roman von Christian Schünemann erzählt die Geschichte seiner Familie über mehrere Generationen hinweg, bis hin zu seinen Großeltern. Die Namen hat der Autor geändert.

Kurz vor der Konfirmation des 15-jährigen Daniel Hormanns, der als Alter Ego des Autors fungiert, regnet es wieder durch das marode Dach des Elternhauses. Daniel lebt mit seinen Eltern und drei Geschwistern auf dem Land in der Nähe von Bremen. An diesem Abend belauscht er ein Gespräch seines Vaters mit seiner Mutter aus dem er schließt, dass deren Probleme gravierender sind, als er bisher ahnte und vermutet, dass es Sorgen finanzieller Art sind. In Erwartung seines anstehenden großen Fests hatte Daniel sich darauf gefreut, schick eingekleidet zu werden. Außerdem hatte er gehofft, viele Verwandte einladen zu können, die ihn großzügig mit hohen Geldsummen beschenken würden. Während innerhalb der Familie an allen Ecken gespart wird, bemühen sich seine Eltern, nach außen den schönen Schein von gut Verdienenden zu wahren.

Der Autor spannt in seiner Familiengeschichte einen weiten Bogen. Seine in Oberschlesien geborene und später heimatvertriebene Mutter Marlene hat sich Mitte der 1950er Jahre den Wunsch nach Abitur und Studium nicht erfüllen können. Stattdessen musste sie auf Gehiß ihrer Mutter mit ihrem Gehalt zum Familieneinkommen beitragen. Die Mutter von Daniels Vater Siegfried dagegen hat sich seit der Weltkriegszeit von ihren Kindern und ihrem Mann distanziert. Siegfried selbst hat sich für eine Beamtenlaufbahn entschieden, träumte aber insgeheim davon, Opernsänger zu werden. Sowohl Marlene als auch Siegfried sind überzeugt, dass das Leben noch mehr für sie bereithält. Auch wenn aktuell kein finanzielles Polster vorhanden ist, halten sie weiterhin an Träumen fest, die sich aber im Laufe der Zeit geändert haben.

Gerne habe ich mich als Leserin mit in die 1980er Jahre nehmen lassen. Weil ich im Alter der ältesten Tochter der Familie Hormann bin, konnte ich dank der zahlreichen Details über diese Zeit in Erinnerungen schwelgen. Christian Schünemann lässt das Lebensgefühl der damaligen Zeit authentisch aufleben, unter anderem durch die Erwähnung von Filmen und Musiktiteln. Nach den entbehrungsreichen Kriegs- und Nachkriegsjahren ermöglicht inzwischen der wirtschaftliche Aufschwung, dass ein Durchschnittverdiener sich einiges leisten kann. Technologische Fortschritte machen die Zukunft spannend. Die Kapitel, die in den 80er Jahren spielen und von Daniel in Ich-Perspektive erzählt werden, unterscheiden sich von denen mit Rückblicken auf die Familiengeschichte in auktorialen Erzählform durch eine Überschrift mit französischen Vokabeln.

Der Roman „Bis die Sonne scheint“ von Christian Schünemann berührt mit Begebenheiten innerhalb der Familie des Autors, die über fünf Jahrzehnte zurückreichen. Durch die gewählte Ich-Erzählform des Protagonisten, der den Autor verkörpert, wurden dessen Gefühle deutlich über das diffuse Verhalten seiner Eltern, die bemüht waren, sich nach außen hin nicht von anderen Familien abheben zu wollen. Gleichzeitig möchten sie sich aber dennoch ihre Träume von einem schönen erfüllten Lebens nicht nehmen lassen. Sehr gerne vergebe ich eine Leseempfehlung.

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