Achtzehnter Stock
Autorin: Sara Gmuer
Hardcover: 224 Seiten
Erschienen am 18. Februar 2025
Verlag: hanserblau
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Wanda lebt gemeinsam mit ihrer fünfjährigen Tochter Karlie in einem Berliner Plattenbau im achtzehnten Stock. Sie ist Schauspielerin, doch ihr letztes Engagement, ein Werbedreh, liegt schon eine ganze Weile zurück. Voller Ehrgeiz besucht sie dennoch ein Casting nach dem anderen, immer mit dem großen Ziel vor Augen, es aus der Platte herauszuschaffen und sich ein neues Leben aufzubauen. Doch ausgerechnet als eine Rolle für sie zum Greifen nah ist, wird Karlie schwer krank. Kann Wanda ihr Leben als alleinerziehende Mutter mit dem einer Schauspielerin verbinden, um ihren Traum zu verwirklichen?
Gleich zu Beginn des Romans steht Wanda vor einem ersten Dilemma: Eigentlich hätte sie ein Casting, doch ihre Tochter hat Schnupfen. Unterstützung in der Betreuung erhält sie gelegentlich von der Mutter von Karlies Freundin Aylin, die ebenfalls im Haus wohnt, doch Wanda möchte sie nicht ständig fragen. Ein Kontakt zu Karlies Erzeuger, der eine neue Familie hat, kommt für Wanda nicht in Frage. Der Spagat zwischen der Kinderbetreuung und Wandas Versuchen, Karriere zu machen, zieht sich als großes Thema durch das gesamte Buch und zeigt die Zerreißprobe, der sich alleinerziehende Mütter jeden Tag stellen.
Da der gesamte Roman aus der Ich-Perspektive geschrieben ist, erhielt ich schnell einen guten Eindruck von Wanda: Sie sieht ihre Lebens- und Wohnsituation als etwas Vorübergehendes an, die sie mit dem Durchbruch als Schauspielerin hinter sich lassen wird. Die anderen Frauen im Haus, mit denen sie Kontakt hat, belächeln sie nur für ihre großen Pläne. Da ist Aylins Mama, deren Namen Wanda nicht zu kennen scheint und die von Hartz IV lebt, die mit Zwillingen schwangere Ming, deren Partner sie aufgrund seiner Rentenpunkte nicht heiraten will sowie Esther, die für sehr wenig Geld sehr viel arbeitet.
Karlies schwere Erkrankung nimmt vor allem in der ersten Buchhälfte überraschend viel Raum ein, bevor es schließlich mehr um die im Klappentext angekündigte, einmalige Chance geht, die Wanda erhält. Sie taucht in eine Welt ein, in der Geld keine Rolle spielt, gute Kontakte das Wichtigste sind und wenige mächtige Persönlichkeiten über die Schicksale vieler entscheiden. Mit gemischten Gefühlen beobachtete ich, was diese Erlebnisse mit Wanda machen. Bald kann sie die Schattenseiten ihres neues Lebens nicht mehr ignorieren und ich war gespannt, zu welchen Entscheidungen sie das bringen wird.
„Achtzehnter Stock“ dreht sich um den Spagat zwischen Kinderbetreuung und Selbstverwirklichung, das Aufeinandertreffen verschiedener sozialer Schichten, die Kraft von mehr oder weniger freiwilligen Freundschaften, der Suche nach einem Ort zum Ankommen und die Frage, ob die Erfüllung eines Traums wirklich so traumhaft ist wie angekommen. Ein kraftvoller Roman, der schnell gelesen ist und doch lange nachhallt.